Während es in Frankreich rund 20 Mädchenschulen für die Sekundarstufe gibt, die dem alten Ritus verbunden sind, gibt es im deutsch-sprachigen Raum bloss deren zwei, von denen nur eine einzige auf die Hochschulreife vorbereitet. In vielen anderen europäischen Ländern ist die Lage sogar noch schlechter (z.B. in Österreich, Italien, Irland, Portugal, Tschechien oder Ungarn), wo es für Töchter aus traditions-verbundenen Familien noch gar keine Möglichkeit gibt, im eigenen Land eine katholische Schule zu besuchen, deren Seelsorger die heilige Messe ausschließlich im tridentinischen Ritus feiern und den christlichen Glauben integral vermitteln und leben.
Woher kommt dieser große Unterschied zwischen Frankreich und dem Rest Europas?
Sicherlich kann man das Phänomen nicht nur auf eine einzige Ursache zurückführen. Dennoch scheint es klar zu sein, dass der Hauptgrund darin besteht, dass in Frankreich in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts einzelne Gruppen von Dominikanerinnen sich dem konziliaren Zwangs-Aggiornamento verweigert und den Novus Ordo abgelehnt haben. Die meisten dieser Schwestern stammten aus einer Gemeinschaft aus Toulouse (Dominicaines enseignantes du Saint-Nom-de-Jésus), die unmittelbar nach der Französischen Revolutionen mit dem Ziel der Mädchenerziehung gegründet worden war. Inzwischen haben sich zwei organisatorisch getrennte Tochterkongregationen etabliert (Brignoles und Fanjeaux). Beide haben bereits zahlreiche Schulen in Frankreich, Argentinien, Deutschland und in den Vereinigten Staaten gegründet; weitere Schuleröffnungen sind geplant. Es scheint sogar, dass die beiden Gemeinschaften die einzigen katholischen Schulorden sind, die in Europa im Wachstum begriffen sind.
Schulorden in Zahlen
Die Stärke (oder Schwäche) des katholischen Schulwesens war schon immer eng mit der Präsenz von Ordensgemeinschaften verbunden, die sich der christlichen Bildung widmeten. Einige Zahlen mögen dies illustrieren:
- Um 1750 existierten in Europa (und in Übersee) rund 700 Jesuitenschulen, in denen ein Grossteil der katholischen Elite ausgebildet wurde.
- Im 19. Jahrhundert kam es vor allem in Frankreich und Italien, aber auch in anderen Teilen der Welt zu einer regelrechten Gründungswelle von Hunderten von Kongregationen, die sich der Kindererziehung (zumeist der Armen und Benachteiligten) widmeten.
- Vor der kommunistischen Invasion waren rund die Hälfte der Ordensleute Ungarns im Schulwesen tätig (d.h. 5047 Priester, Brüder und Schwestern).
- Der dramatische Rückgang der Neueintritte in den allermeisten Schulorden begann in der Zeit des 2. Vatikanums. Während 1959 in Frankreich noch über 30’000 Priester, Brüder und Schwestern in den Schulen arbeiteten, waren 20 Jahre später weniger als 10’000 Lehrer gleichzeitig auch Priester oder Ordensleute.
- Die christlichen Schulbrüder (gegründet vom hl. Jean-Baptiste de La Salle) hatten im Jahr 1960 weltweit 16’337 Mitglieder. Heute sind es noch rund 3’500 Brüder; in Europa hat der Orden praktisch keine Novizen mehr.
Bedeutende Pluspunkte der Schulorden
Die Vorteile von würdigen und fähigen Ordensleuten im Erziehungssektor liegen auf der Hand. Dadurch, dass sie ihr Leben temporär oder dauerhaft Gott geweiht haben, folgen sie Christus auf eine radikalere Weise nach als gewöhnliche Laien. Im Noviziat können sie eine spezifisch christliche Ausbildung erhalten, die sie auf ihren Dienst an Kindern und Jugendlichen mit einer übernatürlichen Optik vorbereitet. Ihr Gemeinschaftsleben stellt sicher, dass das Apostolat immer auch von regelmäßigem Gebet begleitet ist. Dadurch, dass ordensinterne Lehrer gratis (d.h. für Gotteslohn) arbeiten, sind die Kosten zum Unterhalt einer Schule und damit das Schulgeld deutlich tiefer. Dieser Faktor wiederum ermöglicht es, dass die katholischen Schulen nicht nur für Reiche zugänglich sind, sondern auch leichter Familien mit tiefem Einkommen offen stehen können. Mitglieder von Schulkongregationen sind zudem ganztägig für die Kinder verfügbar, weil sie sich nicht gleichzeitig um eine eigene leibliche Familie und einen persönlichen Haushalt kümmern müssen.
Perspektiven für die Zukunft
Wer einen Blick in die Kirchengeschichte wirft, kann die fundamentale Notwendigkeit nicht leugnen, für zahlreiche Ordensberufungen im Jugendapostolat zu beten und zu fasten. Es ist nicht nur zu hoffen, dass sich deutlich mehr junge Erwachsene für ein geweihtes Leben im Dienst der Jugend entscheiden, sondern auch, dass das Angebot an unterschiedlichen Schulorden innerhalb der Tradition wächst, um den unterschiedlichen Temperamenten und Bedürfnissen der Jugendlichen noch besser gerecht zu werden.